Die Frau, die niemals lachte
Am Dienstag hat unser Sprachkurs begonnen - oder das, was man so nennt. Unsere Lehrerin, María, scheint mit sich, ihrem Beruf und der Welt unzufrieden. Ihr auch nur die leiseste Spur eines Lächelns zu entlocken ist ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem nimmt sie uns Erasmus-Studenten nicht richtig ernst. Am ersten Tag kam sie 45 Minuten zu spät und sagte nur: "Oh, hab ich euch nicht gesagt, wir fangen eine halbe Stunde später an?" Nein, hatte sie nicht, aber so waren immerhin alle vor ihr da. Auch am Mittwoch sah es nicht viel besser aus, da war sie eine halbe Stunde zu spät. Gestern waren es nur noch 15 Minuten, und heute saß sie sogar schon im Raum, als wir kamen. Sie steigert sich also, je länger die Woche dauert.
Abgesehen von ihrer Verspätung ist ihr "Unterricht" eine Katastrophe. Partnerarbeiten sind ihre bevorzugte Arbeitsmethode, da sie dann nichts tun muss. Grammatikübungen sind bei uns Fehlanzeige, wir machen so lustige Dinge wie "Finde heraus, was für ein Sternzeichen dein Partner ist!" oder lernen Vokabeln, die mit Kriminlität zusammenhängen. Ob uns das im Leben weiterhilft, sei dahingestellt, dafür weiß ich jetzt, dass ein "gamberro" ein Halbstarker ist und im Wörterbuch direkt unter "gambas" steht. Nun gut, die erste Woche ist rum, die andere werde ich auch überlegen. Viel interessanter ist es sowieso, jeden Tag mehr Leute zu sehen, mit ihnen auf Deutsch-Englisch-Spanisch-Französisch zu radebrechen und sich über das Leben als Erasmus-Student auszutauschen.
Gestern abend war ein großes Treffen aller Erasmus-Studenten meiner Universität, zunächst im Parque del Retiro. Danach ging es in "Kleingruppen" (unsere bestand aus etwa 25 Leuten) zum Essen weiter. Neben den anderen Erasmussern waren auch die spanischen Tutoren da, die sich um uns gekümmert haben. Die Gruppe, in der Lena und ich gelandet sind, bestand fast nur aus Italienern - das hat man auch sehr schnell an ihrer Lautstärke erkannt. Zudem sind sie äußerst expressive Menschen. Auch ihnen unbekannte Menschen werden gerne mit Küsschen links und rechts überschüttet und erdrückt.
Auf dem Weg haben wir uns noch mal geteilt, damit wir die Restaurants nicht überrennen. Ich bin in einer Art Tapas-Bar gelandet. Dort haben wir uns zu fünft eine Tortilla geteilt, dazu haben wir uns einen Teller Serrano-Schinken bestellt, der frisch vom Schenkel kam. In Spanien ist es ganz normal, das Bein eines Schweins in der Küche oder auf der Theke einer Bar zu sehen.
Nach dem sehr schmackhaften Essen ging es in die Gramola-Bar, die der Treffpunkt der Erasmus-Studenten der Universidad Rey Juan Carlos ist. Da war es dann vorrangig laut. Die Musik war nicht so ganz mein Fall. Zudem konnte man sich nur zärtlich ins Ohr brüllen, um zu kommunizieren, an ausgiebige Gespräche war deshalb nicht zu denken. Deshalb trat ich auch schon um halb eins den Heimweg an.
Eine Premiere für mich - Metro bei nacht, noch dazu allein. Ich dachte, der Heimweg von der Metrostation zum Haus könnte unschön werden, aber es war fast gar nichts los. Zudem fuhr die Polizei Patrouille - ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, sei dahingestellt. Ich beschloss auf jeden Fall, mich sicher zu fühlen und bin gut daheim angekommen.
Auf vielfachen Wunsch gibt es jetzt auch einige Fotos von meinem Zimmer.
1 Kommentare:
Die Schinken haben bei mir auch überall in den Supermercados gehangen :) Auch noch mit Huf!
19. September 2008 um 15:42
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